Es wurde gegen das Bundesgesetz der Mutterschaftsversicherung das Referendum
ergriffen. Bis zum 9. April 1999 müssen 50'000 gültige Unterschriften
gesammelt werden. Falls das Referendum zustande kommt, dann wird eine eidgenössische
Volksabstimmung stattfinden. Der Bundesrat hat das Datum dieser Abstimmung
auf den 13. Juni 1999 festgelegt. Wer sind die Urheber
des Referendums ?
Das Referendumskomitee
besteht aus der SVP und den Jungen dieser Partei, aus den Präsidenten
des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes und vom Vorort, aus Parlamentariern
der Freisinnig Demokratischen Partei (FDP) und der Liberalen Partei Waadt.
Diese Unterstützung
der rechten Arbeitgeber wird aber nicht von Allen geteilt. Der Genfer
Verband der Arbeitgeber z.B. hat sich zugunsten des Mutterschaftsversicherungs-Gesetzes
ausgedrückt. In den Reihen der Rechten sind die Mitglieder geteilter
Meinung. Es hat sich auch bereits ein bürgerliches Komitee zugunsten
der neuen Versicherung gebildet. Es besteht aus Mitgliedern der Freisinnigen,
der Christlichen Volkspartei (CVP) und sogar der Schweizerischen Volkspartei
(SVP).
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Ihre Hauptargumente
und unsere Antworten
Für die Referendums-Befürworter
ist das Bundesgesetz der Mutterschaftsversicherung aus folgenden Gründen
dem Volk vorzulegen:
"Offen mit
den Bürgerinnen und Bürgern spielen und nicht versuchen, die
Mutterschaftsversicherung ohne Volksbefragung einzuführen "
Wir antworten ihnen
so :
Seit 54
Jahren sieht die Bundesverfassung die Einführung einer Mutterschaftsversicherung
vor. Ein Verfassungsprinzip muss durch ein Gesetz konkretisiert werden
und genau das ist es, was die eidgenössischen Räte endlich getan
haben. Also sind es die Gewählten, die nicht offen mit den Bürgerinnen
und Bürgern gespielt haben, ist doch dieses Verfassungsmandat nie
in die Tat umgesetzt worden. Bei den kürzlichen Verhandlungen über
die Revision der Verfassung haben die ParlamentarierInnen beschlossen,
dieses Prinzip in der neuen Verfassung beizubehalten. Nur eine Verfassungsänderung
muss dem obligatorischen Referendum unterworfen werden. In diesem Fall
sind es die GegnerInnen der Mutterschaftsversicherung, die das fakultative
Referendum ergreifen. Und sie verstecken sich hinter der Volksabstimmung,
um nicht klar ihre Absichten darzustellen: Das Inkrafttreten der Mutterschaftsversicherung
so lange wie möglich hinauszuziehen und die wirklichen Notwendigkeiten
der Frauen und Familien in diesem Lande zu ignorieren.
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"Das Volk
respektieren und ihm eine Meinungsfreiheit lassen bezüglich der Versicherungsfinanzierung"
Wir antworten ihnen
so :
Die Bundesverfassung
sieht kein Finanzierungs-Referendum vor. Es ist die Bundesversammlung,
die über die Finanzierungsmittel der Versicherung entscheiden muss.
Das vom Parlament gewählte Finanzierungsmodell sieht zuerst die Schaffung
eines Gemeinschaftsfonds vor, der zusammen mit der Militärersatzpflichtversicherung
und der Mutterschaftsversicherung gebildet wird. Die Erwerbsersatzversicherungen
sind zurzeit in grossem Masse überschüssig. Die Finanzierung
ist also für lange Zeit abgedeckt und es werden für niemand
weitere Kosten entstehen. Die Arbeitgeber müssen keine spezifischen
Beiträge mehr leisten für die kollektive Erwerbsersatzversicherung
für Mutterschaft und auch nicht mehr das vom Obligationenrecht vorgesehene
gesetzliche Minimum. Der Bund hat berechnet, dass die Arbeitgeber durchschnittlich
für 8 Wochen Lohn zu 100 % Beiträge geleistet hatten. In Zukunft
müssen sie das nicht mehr tun. Auch eine grosse Anzahl Frauen, die
beruflich tätig sind, werden von Beitragszahlungen befreit, die sie
bis anhin in die Erwerbsersatzversicherung für Mutterschaft einbezahlt
hatten.
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"Den Ausgleichsfonds
der Erwerbsersatzversicherung korrekt verwalten, der zugunsten von Leuten
konstituiert wurde, die in Armee, Zivildienst und Zivilschutz dienen"
Wir antworten ihnen
so :
Der Fonds
wird korrekt verwaltet, verfügt er doch zurzeit über Ueberschüsse
in Milliardenhöhe. Und diese Situation wird weiter andauern, denn
kürzlich wurden die Diensttage reduziert, die im Militärdienst
geleistet werden. Seit Jahrzehnten dagegen müssen Frauen, die einer
Lohnarbeit nachgehen, mittels Lohnabzügen Beiträge an die Erwerbsersatzversicherung
einzahlen, ohne je davon zu profitieren. Wir sind der Meinung, dass sie
im Falle von Mutterschaft vollumfänglich Anspruch darauf haben.
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"Der Sozialstaat
muss in vernünftigen Grenzen gehalten werden, angesichts der Tatsache,
dass er heute Milliardendefizite verzeichnet und seine Finanzierung langfristig
zur Unmöglichkeit wird"
Wir antworten ihnen
so :
Verglichen
mit anderen Versicherungen, ist die Mutterschaftsversicherung eine sehr
kleine Versicherung. Sie wird Kosten von 493 Millionen Franken pro Jahr
verursachen; die AHV kostet jährlich 25 Milliarden, die IV 8 Milliarden
Franken. Die regelmässige Ueberprüfung der Sozialversicherungs-Finanzierung
ist eine Notwendigkeit, wobei der Bevölkerungsentwicklung und der
Wirtschaftslage Rechnung getragen werden muss. Dies ist zum Beispiel die
Aufgabe der verschiedenen AHV-Revisionen, die stattfinden (gestern war
es die 10. Revision, heute die 11.). Und es ist auf jeden Fall nicht mit
dem Verschieben der Einführung der Mutterschaftsversicherung, dass
die grossen Sozialversicherungen finanziert werden können.
Die Höhe der durchschnittlichen Sozialausgaben in der Schweiz ist
immer noch niedriger als der europäische Durchschnitt. Wir möchten
auch daran erinnern, dass Sozialausgaben produktive Ausgaben sind, denn
das Geld fliesst in den Wirtschaftskreislauf zurück. Marktprioritäten
dürfen nicht als absolute Prioritäten gelten, wenn dabei die
Bedürfnisse derjenigen ignoriert werden, die unsere Gesellschaft
ausmachen !
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"Der Geldbeutel
der SteuerzahlerInnen muss geschont werden: soeben wurde die Mehrwertsteuer
erhöht und andere Kostensteigerungen sind angezeigt. Man kann nicht
von uns verlangen, auch noch für die Mutterschaftsversicherung zahlen
zu müssen"
Wir antworten ihnen
so :
Falls der
Gemeinschaftsfonds der Erwerbsersatzversicherung von Militärdienst
und Mutterschaftsversicherung mittelfristig nicht ausreicht, so sieht
das Mutterschaftsversicherungs-Gesetz eine Steigerung der Mehrwertsteuer
von 0,25 Punkten vor. Sehr wahrscheinlich würde eine Volksabstimmung
organisiert für eine globale Erhöhung der Mehrwertsteuer von
2,5 %, um eine dauerhafte Finanzierung aller Sozialvesicherungen abzusichern.
Die Verfassung hält fest, dass jegliche Erhöhung der Mehrwertsteuer
durch eine Volksabstimmung akzeptiert werden muss. Würde das Volk
die Steigerung verweigern, dann würde ein Beitrag von 0,2 % auf den
Löhnen belastet, je zur Hälfte getragen von ArbeitgeberInnen
und ArbeitnehmerInnen. Dieser Beitrag ist minim. Für ein Monatssalär
von 4000 Franken wäre der abgezogene Betrag z.B. kleiner als der
Preis eines Pakets Zigaretten. Wir haben es bereits erwähnt, das
adoptierte Finanzierungsmodell erlaubt eine substantielle Einsparung der
Lasten, die heute von den Arbeitgebern zur Finanzierung des Mutterschaftsurlaubs
aufgewendet werden. Was die Arbeitgeber-Verbände und Miturheber des
Referendums fürchten, hat also nichts mit dem Geldbeutel der SteuerzahlerInnen
zu tun, denn diese könnten die Erhöhung der Mehrwertsteuer verweigern.
Der Vorort, der auch zu den Referendums-Urhebern zählt, hat kürzlich
die Initiative "Wohneigentum für Alle" unterstützt.
Wäre sie vom Volk angenommen worden, so hätte der Bund 400 bis
500 Millionen Franken an Steuereinnahmen verloren zugunsten der Hauseigentümer.
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"Dem Volkswillen
muss Rechnung getragen werden: der Souverän hat schon zwei Mutterschaftsversicherungs-Projekte
abgelehnt; er muss also auch hier das letzte Wort haben"
Wir antworten ihnen
so :
Das Volk hat in der
Tat zweimal Projekte zur Mutterschaftsversicherung abgelehnt. Das erste
Mal ging es um eine Volksinitiative, die auch einen Elternurlaub vorsah.
Diese Initiative ist schwer vergleichbar mit dem jetzigen Gesetz zur Mutterschaftsversicherung,
das minimal ist. Beim zweiten Mal ging es um eine Revision des Krankenkassen-Gesetzes,
in welcher die Mutterschaftsversicherung eingeschlossen war. Diese Resivion
vereinigte eine mannigfaltige Opposition auf sich, die verschiedengründig
war, aber nichts zu tun hatte mit der Mutterschaftsversicherung. Auch
muss beachtet werden, dass zur Zeit sehr viele Frauen, die beruflich tätig
sind, zur Altersgruppe gehören, die Kinder kriegt. 80 % der berufstätigen
Frauen ist zwischen 25 und 29 Jahre alt, 75 % zwischen 30 und 34 Jahren,
71 % zwischen 35 und 39 Jahren. Ein bezahlter Mutterschaftsurlaub ist
unumgänglich.
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