Die Komitees zur Anerkennung der Mutterschaft

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Mutterschaftsversicherung in der Schweiz
Warum eine Versicherung ?
Was das 1999 Gesetz vorsah
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Argumente zugunsten eines Mutterschaftsversicherungs-Gesetzes

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Eine Frage der Gleichbehandlung

Zwischen Frauen mit beruflicher Tätigkeit
Heute ist die Lage der auf dem Arbeitsmarkt aktiven Frauen gekennzeichnet durch die verschiedenartigsten Ungleichheiten. Das Arbeitsgesetz (ArG) verbietet Arbeitgebern, Frauen während den 8 Wochen nach der Geburt arbeiten zu lassen. Unabhängige Frauen dagegen sind den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes nicht unterstellt.

Zwischen Lohnabhängigen
Die Einkommensgarantie während dem 8-wöchig en Arbeitsverbot hängt von der beruflichen Situation der betroffenen Frauen ab:

  • ob sie im öffentlichen oder privaten Sektor angestellt sind;
  • wieviele Jahre sie im Unternehmen tätig sind;
  • ob sie einem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt sind;
  • der Art des Gesamtarbeitsvertrages, denn nicht alle bieten den gleichen Schutz an;
  • ob der Arbeitgeber eine kollektive Erwerbsersatzversicherung abgeschlossen hat.

Diese Lage ist untragbar. Welches auch immer der berufliche Status der Frauen, ein Erwerb während der Schwangerschaft muss ihnen garantiert werden.

Zwischen Frauen und Männern

Wenn die lohnabhängigen Frauen nur über die vom Obligationenrecht vorgesehene Einkommensabdeckung verfügen, so sind sie gegenüber den Männern benachteiligt. Diese verfügen über die vollumfängliche Einkommensabdeckung im Falle von Krankheit für die von der Berner-Skala vorgesehene Zeitspanne. Bei den Frauen hingegegen wird die Absenzperiode wegen Krankheit mit der Absenz wegen Mutterschaft kumuliert. Dies ist faktisch eine ungleiche Behandlung. Dem Ursprung dieser Benachteiligung liegt die Idee zugrunde, dass es die Rolle der Frau ist, zuhause zu bleiben und von ihrem Mann abhängig zu sein, oder dass es für die Frau "natürlich" ist, das Berufsleben aufzugeben und sich der Familie zu widmen. Dem Art. 4 Abs. 2 der Verfassung wird zuwidergehandelt. Um diese Diskriminierung abzuschaffen, muss die Mutterschaft mit anderen Gründen der Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt und also eine Mutterschaftsversicherung eingeführt werden.

Die Frage der Gleichstellung zwischen Frau und Mann stellt sich auch auf einer anderen Ebene: die der Anstellung. Es ist eine Tatsache: zahlreiche Arbeitgeber zögern, um nicht zu sagen weigern sich, Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter einzustellen. Dies ist ein oft getroffenes Hindernis im Berufsleben einer Frau. Wenn die Kosten der Einkommensgarantie auf alle ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen aufgeteilt würden, so würde die Mutterschaftsversicherung dieses Hindernis beheben. In einer Zeit von Arbeitslosigkeit ist dieser Aspekt von Bedeutung, denn es ist bekannt, dass Frauen und Männer etwa die gleichen Risiken zum Arbeitsstellenverlust haben, dass die Chance der Anstellung für Frauen jedoch geringer ist.

Zwischen Neugeborenen

Bei der Diskussion um die Mutterschaftsversicherung wird allzu oft vergessen, dass die Neugeborenen zu den potentiellen Begünstigten zählen. Heute könnten wird den berühmten Satz wiederschreiben: "Sag mir, ob Deine Mutter von einer Mutterschaftsversicherung profitiert oder nicht und ich sage Dir, ob Du beim Erblicken der Welt, das Recht auf die nötige Aufmerksamkeit kriegst oder nicht...". Die Einführung der Mutterschaftsversicherung wird allen Neugeborenen erlauben, vom ersten Tag an von der gleichen Anwesenheit der Mutter profitieren zu können. Die Urlaubsregelung im Falle von Adoption, die bis heute im Gesetz nicht existierte, kompensiert nur teilweise die Ungleichheit unter Neugeborenen, ob adoptiert oder nicht, im Sinne dass die vom neuen Gesetz vorgesehene Urlaubsperiode bei Adoption zu kurz ist.

Zwischen Unternehmen

Durchschnittlich bezahlen die Arbeitgeber im Falle einer Mutterschaft den Lohn während 8 Wochen, indem sie die Kosten des Mutterschaftsurlaubs auf sich nehmen. Diese Situation benachteiligt die stark feminisierten Wirtschaftssektoren. Durch eine Erwerbsersatzleistung befreit die Mutterschaftsversicherung den Arbeitgeber von der im Obligationenrecht verankerten Verpflichtung einer Lohnauszahlung und verwirklicht somit die Gleichheit unter den verschiedenen Wirtschaftszweigen.

Eine Frage der Gesundheit von Mutter und Kind
Die Mutterschaftsversicherung soll folgenden Punkten Rechnung tragen:

  • den neun Monaten der Schwangerschaft
  • der Geburt
  • einem Zeitraum des Post-Partum für die Mutter
  • einem Aspekt der Säuglingspflege, der Beziehung und Zuneigung, die sich zwischen Eltern und Kind entfalten soll.

Es geht hier für Mutter und Vater um eine Zeitspanne, die nötig ist zum Empfang des Kindes, zum Stillen, zur Umorganisation des Familienlebens bezüglich dieser Neugeburt. Die Gründe jedoch, die eine Mutterschaftsversicherung für den Zeitraum des Post-Partum so wichtig machen, haben in der Diskussion fast ganz gefehlt. Es scheint uns wichtig, auf sie zurückzukommen, denn sie bestimmen zum grossen Teil die Existenzberechtigung einer Mutterschaftsversicherung, ihren Inhalt und die Minimaldauer des bezahlten Mutterschaftsurlaubs. Sie geben der Mutterschaftsversicherung nicht nur einen vertraglichen Aspekt sondern beleuchten auch den Aspekt der Beziehung zur öffentlichen Gesundheit.

Das Verbot, Frauen während den acht Wochen nach der Geburt in Fabriken zu beschäftigen, stammt vom Ende des letzten Jahrhunderts und beruhte schon damals auf der Sorge um die öffentliche Gesundheit; die mit der Ausbeutung der Arbeiterinnen verbundene Kindbett- und Kindersterblichkeit war damals ein schwerwiegendes Problem, dem man abhelfen wollte. In der Folge wurde dieses Gesetz auf alle lohnabhängigen Frauen erweitert. Doch trotz der Entwicklung von medizinischen und psychosozialen Erkenntnissen gibt es bis heute keine weiteren Verbesserungen. Müssen wir uns also vorstellen, mit einer Gesetzgebung vom 19. ins 21. Jahrhundert einzutreten, wo es sich doch um eine Angelegenheit handelt, die die gesamte Bevölkerung in einem extrem wichtigen Teil des Lebens betrifft ?

Warum soll der Mutterschaftsurlaub die Zeitspanne nach der Geburt abdecken ?

Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaftsurlaub entsprechen verschiedenen Zeitspannen: Noch einmal sei daran erinnert, dass die Schwangerschaft keine Krankheit ist ! Es ist jedoch ein spezieller Lebensabschnitt, während dem die Frau grosse physiologische und physische Veränderungen erfährt, denen es Rechnung zu tragen gilt. Die Gesetzgebung hat dies übrigens anerkannt, denn sie sieht Gesetzesregelungen vor, auch wenn es viel zu deren Anwendung zu sagen gäbe: Während der Schwangerschaft ist es für die Frau wichtig, dass sie für ihren Zustand oder für das ungeborene Kind ungeeignete Aktivitäten vermeidet.Eine zu starke Arbeitsbelastung erhöht das Risiko einer Frühgeburt und eines zu niedrigen Gewichts des Neugeborenen. Wenn während der Schwangerschaft ein Arbeitsunterbruch nötig wird, so ist es logisch, dass dieser einer Krankheitsabsenz zugeschrieben und ebenso entschädigt wird.

Nach der Geburt hat der Mutterschaftsurlaub verschiedene Funktionen:

  • er erlaubt der Mutter, sich von Schwangerschaft und Geburt zu erholen
  • er garantiert eine Zeit der Annäherung von Mutter und Kind, die zur Zuneigung zum Neugeborenen, zur Organisation der Pflege, zur Entfaltung der elterlichen Kompetenzen und zur Eingliederung des Kleinkindes in die Familie nötig ist. All diese Aspekte betreffen ebenso den Vater. Wir bedauern, dass der Rolle des Vaters im Gesetz zur Mutterschaftsversicherung nicht Rechnung getragen wird.
  • er sichert eine Stillperiode zu. Für die UNICEF dauert die ideale, komplette Stillzeit bis zum 6. Monat des Säuglings, mit der graduellen Einführung von fester Nahrung. Diese international anerkannte Verfügung zeigt einmal mehr die Wichtigkeit eines Mutterschaftsurlaubs, der länger ist als dies im von den eidgenössischen Räten angenommenen Minimalgesetz vorgesehen ist. Wenn die berufliche Tätigkeit einmal aufgenommen wird, ist es schwierig, das Stillen weiterzuführen. Des weiteren fängt das Kleinkind ab dem 4. Monat an, sein Säuglingsstadium zu verlassen.
  • Der Mutterschaftsurlaub ist auch die Zeit, während der sich neue oder andere Beziehungen in Paar-, Familien- und Sozialleben anbahnen.

Die ersten Lebensmonate eines Kindes bedeuten einen neuen, intensiven Lernprozess für die Eltern, sowie eine Zeit der grossen emotionellen Veränderungen. Nur schrittweise nimmt das Kind als Individuum seinen Platz in der Familie ein, wobei jedes Mitglied seine eigene Beziehung zu ihm aufbaut, und wo sich die Familie und ihre Umgebung neu organisieren. Heute werden diese verschiedenen Lernprozesse durch die Tatsache erschwert, dass sich die Bedingungen des Familienlebens verändert haben.

  • eine grosse Anzahl von Paaren können im Moment der Geburt eines Kindes nicht auf Unterstützung und Ratschläge von Eltern oder Verwandten zählen. Entweder leben diese nicht in der Nähe oder können aus andern Gründen diese Rolle nicht übernehmen.
  • eine kürzliche Studie hat gezeigt, dass viele junge Eltern vor der Geburt ihres eigenen Kindes nie einen Säugling von nahe gesehen oder auf den Armen getragen haben
  • der Empfang eines Kindes braucht seine Zeit und diese Zeit fehlt heute Frauen und Männern in der Schweiz meistens.
  • die Wichtigkeit dieser Zeit nach der Geburt wird auch aus verschiedenen, in Industrieländern (auch der Schweiz) realisierten Studien klar, die zeigen, dass 10 % der Frauen drei Monate nach der Geburt an Post-Partum-Depressionen leiden.

Aus all diesen Gründen bedauern wir es, dass das Gesetz einen 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub vorsieht, wovon mindestens 12 nach der Geburt. Viele Unternehmer werden versuchen, den Mutterschaftsurlaub zu verkürzen, ohne dass die Mütter das möchten, indem sie verpflichtet werden, zwei Wochen Urlaub zu nehmen vor der Geburt. Da die Zeitspanne des Mutterschaftsurlaubes schon äusserst kurz ist, ist es schädlich, ihn noch auf diese Weise zu verkürzen.

Die Grundleistung ist eine finanzielle Unterstützung von Familien in Schwierigkeiten:

Das System der Familienzulage in der Schweiz ist verhältnismässig bescheiden und vor allem sehr unterschiedlich durch die Tatsache, dass es kantonal bestimmt wird. Die Grundleistung erlaubt vorerst, die momentanen finanziellen Schwierigkeiten von Familien einfacher Verhältnisse zu lindern, die durch die Ankunft eines neuen Wesens noch verschlechtert werden. Aus diesem Gesichtspunkt ist es korrekt, diese Leistung sowohl beruflich tätigen Frauen, als auch Frauen ohne berufliche Tätigkeit zukommen zu lassen.

Die eidgenössischen Räte haben entschlossen, das Einkommen nicht zu 100 % durch eine Mutterschaftszulage abzudecken. Das ist bedauerlich, denn zum Grossteil verfügen die Frauen über niedrige Einkommen und verdienen durchschnittlich 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen Die Grundleistung wird diese Entscheidung nur teilweise kompensieren. Durch dieses Prinzip werden die beruflich aktiven Frauen benachteiligt, denn für einige wird das Einkommen dadurch reduziert. Die nicht beruflich tätigen Frauen hingegen werden ein Zusatzeinkommen erhalten. Eine Verbesserung des Familienzulage-Systems in Form einer Hilfe an die Familie wäre aber viel klüger gewesen.

Was passiert für Frauen, die heute schon einen 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub haben ?

Gewisse Gesamtarbeitsverträge und gewisse Personalstatuten beinhalten schon einen 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub. Das Inkrafttreten des Mutterschaftsversicherungs-Gesetzes wird diese zum Teil ersetzen. In einer ersten Phase werden die Frauen, die über 16 Wochen Mutterschaftsurlaub verfügen, diesen beibehalten können. Möglicherweise werden einige Unternehmen versuchen, bei der Erneuerung der Gesamtarbeitsverträge oder bei Verhandlungen der Personalstatuten, den Urlaub zu reduzieren. In diesem Fall müssen Gewerkschaften und Personal dafür kämpfen, dass ihnen dieses Acquis bestehen bleibt. Das Mutterschaftsversicherungs-Gesetz stellt die besseren Bedingungen, die gewisse Lohnabhängige schon haben, nicht in Frage.

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Übersetzt aus dem Französischen von Margrit Lienert